Potsdamer Plenum

4. November 1989 „Potsdamer Plenum“

Am 4. November 1989 fand in Potsdam eine große Demonstration statt, die als „Potsdamer Plenum“ bekannt wurde. Tausende Menschen versammelten sich, um für politische Veränderungen und Demokratie in der DDR zu protestieren. Die Veranstaltung war eine der größten Demonstrationen in Potsdam während der Wendezeit.

Die Demonstranten forderten unter anderem freie Wahlen, Meinungsfreiheit und das Recht auf Reisefreiheit. Es gab auch Forderungen nach einer Anerkennung der Menschenrechte und der Freilassung politischer Gefangener.

Die Demonstration verlief insgesamt friedlich, obwohl es in einigen Straßen zu kleineren Konfrontationen zwischen Demonstranten und der Polizei kam. Dies war Teil der breiten Protestbewegung, die schließlich zum Fall der Berliner Mauer und zum Ende der DDR führte.

04.11.1989 – Demonstration auf dem Platz der Nationen (Luisenplatz)

Nach dem sich am 04.10.89 in dreimaliger Wiederholung wegen des gut gefüllten Weberplatzes in der Babelsberger Friedrichskirche das Neue Forum vorstellte und die Bereitschaftspolizei in den umliegenden Straßen auf ihren LKWs blieben, nach dem in Leipzig am 09.10.89 über 70000 Menschen nicht einschüchtern ließen und um den Ring marschierten und für ein freies Land demonstrierten und bald darauf Erich Honecker zurücktrat und der neue Staatsratsvorsitzende  Egon Krenz eine eher entmutigende ans Volk Rede hielt, veränderte sich das Klima sukzessive wesentlich. Die Menschen gingen offener und im gewissen Sinne auch fröhlicher durchs Leben. Die Veränderung war greifbar. Das Neue Forum organisierte sich DDR-weit, andere Gründungen und Aufrufe folgten. Selbst der Ton im DDR-Fernsehen änderte sich. Die SED fand sich mit ihrer plötzlich gespielten Offenheit eher schon auf einem Rückzugsgefecht. Schauspieler: innen des Deutschen Theaters riefen zum 04.11.89 zu einer Demonstration auf dem Alexanderplatz auf. Dem wollten wir in Potsdam nicht nachstehen. Der Sprecher: innenrat des Neuen Forum, dem ich damals angehörte, rief am selben Tag um 12 Uhr zu einer Demonstration auf dem Platz der Nationen, dem heutigen Luisenplatz, auf. Frau Stappenbeck stellte ihren Balkon zur Verfügung. Der Elektriker Gürtler montierte eine provisorische Mikrophonanlage. Pfarrer Hans Schalinski, der schon die Wahlfälschung am 07.05.89 angezeigt hatte, und Pfarrerin Annette Flade sollten u.a. reden. Meine damalige Frau, Dörte Wernick, die den unabhängigen Frauenverband mitgründen sollte und ich, sahen zunächst ab 10 Uhr die große Demonstration am Alexanderplatz, original übertragen vom Fernsehfunk der DDR. Uns erfreuten die mutigen, frischen und z.T. auch euphorischen Worte. Die Rede des Stellvertreters des Ministers der Staatssicherheit und Chef des Auslandsgeheimdienstes, Markus Wolf, ging in Pfiffen unter. Dabei hatte noch sein vor kurzem erschienenes Buch „Troika“, ob seiner kritischen Töne Hoffnung geweckt. Gut gelaunt gingen wir zum heutigen Luisenplatz, der sich schon gut gefüllt hatte. Viele toll gemalte Plakate drückten aus, was die Mehrheit wollte: Freie Wahlen; Entmilitarisierung der DDR; kein Kriegsspielzeug; Schluss mit der Diktatur; Stasi in den Tagebau u.v.m. In meiner Nähe standen die Punks, die ich z.T. kannte, weil ihr erfolgloses Bemühen für ihre Partys Platz in einem FDJ-Jugendclub zu bekommen dazu geführt hatte, ihnen in unserer Evangelischen Ausbildungsstätte einen Raum zu geben. Ihr fröhliches Pogotanzen missfiel zwar einigen Kirchenoberen, doch fanden wir, dass auch diese Jugendlichen das Recht hatten, ihr Lebensgefühl auszudrücken. Mich beeindruckte, wie sie angeblichen Autoritäten keine Macht über sich zubilligten. Die Punks skandierten zum Beginn der Demonstration „Hansakeks für alle.“ Der Hansakeks war ein in Rostock produzierter Keks. Ich musste schmunzeln, dachte aber auch, typisch Punks, nehmen nicht mal diese Demonstration ernst. Nachdem die Reden gehalten waren, entstand kurz ein Moment der Unsicherheit, was nun, wohin mit dieser Energie? Schließlich liefen wir los und die Massen folgten durch die heutige Brandenburger Straße, über die Hegelallee zurück, die Breite Straße entlang bis in die Berliner Straße wo wir dann auf der Höhe Holzmarktstraße die Demonstration für aufgelöst erklärten.

Nachdem die Reden gehalten waren, entstand kurz ein Moment der Unsicherheit, was nun, wohin mit dieser Energie? Schließlich liefen wir los und die Massen folgten durch die heutige Brandenburger Straße, über die Hegelallee zurück, die Breite Straße entlang bis in die Berliner Straße wo wir dann auf der Höhe Holzmarktstraße die Demonstration für aufgelöst erklärten. Sprechchöre gab es vor allem beim Vorbeimarschieren an der Potsdamer Stasizentrale in der Hegelallee. Später erzählte mir eine eher bürgerliche Frau, wie sie über sich selbst erstaunt darüber war, dass sie mit anderen auf der Straße schreien konnte: Stasi in die Produktion! Die Selbstermächtigung war an diesem Tage allerorten spürbar. Die DDR würde sich ändern. Wie, das wussten wir damals nicht.

Verfasser: Frank Otto

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